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Autor Thema: Totes Leben  (Gelesen 541 mal)

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Greyworld

  • Gast
Totes Leben
« am: 15 September 2022, 01:14:41 »

Hallo,

ich weiß ehrlich gesagt nicht genau wo ich anfangen soll. Seit knapp einem Jahr kapsel ich mich nur noch ab. Es wird allerdings immer schwerer weiter zu funktionieren. Ich weine mindestend einmal die Woche, es kommt einfach so über mich, auch auf Arbeit, kann ich seit kurzem die Fasade nicht mehr richtig aufrecht halten.Ich fühle mich allein und unwichtig, das liegt wahrscheinlich daran, das dem so ist :). Ich wurde in der Schule (von meiner damaligen  besten Freundin) gemobbt und habe seit dem keine richtigen Freunde mehr. Ich habe darüber mit keinem so richtig geredet, ich dachte, wenn ich erstmal aus der Schule raus bin und arbeiten gehe und neue Menschen kennenlernen, wird alles besser aber dem war nicht so, klar ich werde nicht mehr gemobbt auf Arbeit oder so. Aber seit dem kann ich keine richtigen Verbindungen mehr knüpfen, ich habe Angst anderen zu zeigen, wer ich "wirklich" bin. Mit großen Menschenmengen komme ich seit einem Jahr auch nicht mehr richtig klar, es wird einfach alles zu viel. Jede Entscheidung die ich getroffen  habe fühlt sich falsch an. Bei jeder Entscheidung, die ich jetzt treffen muss, hoffe ich, dass irgendjemand oder irgendetwas mir diese abnimmt, damit nur noch eine Option bleibt.

Ich denke täglich mehrmals daran, wie einfach es wäre, wenn ich einfach nicht mehr da wäre. Aber ich kann mich nicht umbringen, meine Eltern würden das nicht verkaften. So richtig umbringen will ich mich auch gar nicht schätze ich, da ich nicht wirklich das Gefühl habe überhaupt am Leben zu sein. Wenn ich in den Spiegel gucke, sehe ich nicht wirklich mich. Es fühlt sich irgendwie an, als würde ich ein Videospiel spielen. So richtig "fühlen" tue ich auch nicht mehr. Alles ist taub. Meistens schlafe ich nur, wenn ich von der Arbeit heimkomme. Sobald ich Urlaub habe oder an Wochenenden und mir meine "Arbeitsroutine" wegfällt, geh ich manchmal den ganzen Tag nicht aus dem Bed. Ich schlafe den Tag durch. Zu meinen Hobbys muss ich mich regelrecht zwingen.

Ich habe deswegen bereits mit meiner Hausärztin gesprochen und nach Hilfe gefragt. Diese war überfordert, den Therapeuten, den sie mir empfohlen hat, hat sich bei mir einfach nicht mehr gemeldet. Die Therapeutin, welche ich gefunden habe, hat wie zu erwartenen keinen Platz frei. Ich weiß, andere habe ähnliche Probleme, auch im Hinblick auf der Suche nach einem Therapieplatz, aber dennoch fühle ich mich allein und vorallem im Stich gelassen. Ich wollte einen Beitrag verfassen  und ein wenig von dem, was ich bisher immer in mich reingefressen habe, rauslassen, damit es mich nicht weiterhin aufrisst :D. Ich beneide meine Mobber, diese Leben ihr Leben, für sie ist leben einfach.


Wer immer das hier liest: Danke, dass du dir die Zeit genommen hast. Das ist mehr, wie andere gemacht haben. Schönen Tag:)
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Ina

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Re: Totes Leben
« Antwort #1 am: 15 September 2022, 02:02:02 »

 
Hallo Greyworld,

danke für die Offenheit, mit der Du hier über Deine Gedanken und Ängste geschrieben hast!

Dass Du Schwierigkeiten damit hast, Dich auf neue Kontakte einzulassen, kann ich gut nachempfinden. Irgendwann glaubt man all die schlechten Dinge, die über einen erzählt werden und die Zweifel an der eigenen Person werden immer größer. Gerade wenn sich jemand, der einem etwas bedeutet und dem man vertraut (wie in Deinem Falle: Deine damalige beste Freundin), plötzlich so sehr wandelt, die Freundschaft zerbricht und man mit einem Mal allein dasteht, fühlt man sich verloren und geht unter Umständen stark auf Rückzug, weil die Angst vor erneuten Enttäuschungen und Verletzungen einfach viel zu groß ist.

Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, zu lernen, erstmal wieder Dir selbst zu vertrauen und Dein Selbstwertgefühl zu stärken. Wenn Du Dir Deiner Selbst wieder sicherer bist, wird es einfacher, Dich auch anderen Menschen wieder zu öffnen und ihnen zu vertrauen. Das wird sicher seine Zeit brauchen... Deine Idee, Dir therapeutische Unterstützung einzuholen, halte ich für sinnvoll. Höchstwahrscheinlich gibt es in Deiner Umgebung nicht nur diesen einen Therapeuten, der Dir empfohlen wurde, und die Therapeutin, die Du selber gefunden hast. Du könntest Dich an einen Psychiater oder an Deine Krankenkasse wenden. Diese haben meist eine Liste mit Psychotherapeuten in der Umgebung oder können zumindest noch einige weitere empfehlen und Dir die Kontaktdaten geben. Ja, die Suche nach einem Therapieplatz kann langwierig sein, aber auch wenn es lange Wartezeiten gibt, kannst Du Dich auf Wartelisten setzen lassen. Gib das bitte noch nicht auf.

Einer Sache kannst Du Dir ganz sicher sein: Du hast und hattest es nicht „verdient“, von Deinen Mitschülern schlecht behandelt zu werden. Du bist, wie Du bist – und das ist genau richtig so. Diese Menschen sind meistens selber ziemlich schwach. Charakterschwach.

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute!

Ina
 
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Violetta

  • Gast
Re: Totes Leben
« Antwort #2 am: 15 September 2022, 06:22:11 »

Hallo Greyworld,

was du schilderst, hört sich fast lehrbuchmäßig nach einer Depression an. Das Unwohlsein auf der emotionalen Ebene mit gleichzeitiger Schwäche und Antriebslosigkeit auf der körperlichen Seite sind typische Merkmale einer Depression.

Einige der körperlichen Ursachen für eine Depression sind: Schilddrüsenfehlfunktion, unterschwellige Entzündungen im Körper, Vitamin D-Mangel, Kupferüberschuss und vieles andere. Die meisten dieser Ursachen lassen sich mit einer Blutuntersuchung feststellen. Die körperliche Untersuchung sollte immer am Anfang einer Behandlung stehen, denn die beste Psychotherapie ist wirkungslos, wenn nicht gleichzeitig körperliche Ursachen behandelt werden. Diese Untersuchung kann ein geschulter Allgemeinmediziner oder Psychiater machen. Die Termindienste der Krankenkassen können fast immer Termine vermitteln, ohne dass man selber Dutzende von Ärzten anrufen muss.

Sind körperliche Ursachen ausgeschlossen oder werden behandelt, kann eine Psychotherapie Sinn machen. Auch bei der Suche nach einem Therapieplatz können die Termindienste der Krankenkasse helfen.

Das deine Hausärztin überfordert ist, ist kein Einzelfall. Jahrzehntelang wurde das Thema Depression bei den Allgemeinärzten in der Praxis vernachlässigt. Da fehlt häufig das Wissen und die Erfahrung, wie mit solchen Erkrankungen umzugehen ist. Mitunter kommt auch noch eine Aversion gegenüber psychischen Erkrankungen dazu. Da hilft dann nur auf einen anderen Arzt auszuweichen.
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Mitleser

  • Gast
Re: Totes Leben
« Antwort #3 am: 18 September 2022, 16:32:27 »

Hey Grey, jeder Satz hätte von mir sein können. Vielleicht immer zu anderen Zeitpunkten, aber doch absolut jeder.
Vielleicht ist das ja etwas wert.

Das mit dem Aufschreiben und rauslassen ist so richtig und so wichtig. Danke und Chapeau.

Mitleser
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