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Autor Thema: Rückzug  (Gelesen 7055 mal)

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10720

  • Gast
Rückzug
« am: 17 September 2013, 10:05:40 »

Ich hoffe, dass mir jemand weiterhelfen kann. Wie gehe ich mit einem Rückzug in einer depressiven Episode um, wenn meine Bekannte sich nicht meldet, keine Reaktion auf SMS? Der Kontakt ist bedeutend weniger geworden von ihrer Seite aus. Und ich mache mir ehrlich gesagt ziemlich Sorgen, ich wohne nicht um die Ecke und gerade wenn einem der andere wichtig ist, macht man sich so seine Gedanken. Klar ich kann für sie keine Verantwortung übernehmen. Ich war viel für sie da und das hat ihr auch gut getan. Als sie noch mehr geschrieben hat, sagt sie, dass sei Gold wert, was ich tue, ich sollte einfach immer schreiben. Ich frage mich, ob das jetzt noch immer gültig ist.

Wenn ich nicht schreibe, kommen ihr Gedanken, ich interessiere mich nicht für sie, was natürlich Quatsch ist. Ich stecke in diesem Zwiespalt von meiner Seite aus den Kontakt wie bisher weiterzuführen, um solchen Gedanken vorzubeugen.
Andererseits fühle ich mich, als ob ich dann zu viel nerve, weil schließlich ist ja auch der Wunsch der Ruhe da. Warum sonst Rückzug? Sie ist mit sich beschäftigt, das sehe ich ja. Und es ist natürlich auch schwierig überhaupt ein Thema zu finden, wenn der andere nicht immer oder einsilbig antwortet. Denn eigentlich will ich ja zuhören. Ich will keine Fragen stellen und auch nicht nur von mir erzählen und vor allen Dingen auch nicht immer wieder dasselbe schreiben. Eigentlich würde ich sie gerne mal in den Arm nehmen, geht aufgrund der Distanz aber eher selten.

Vor allen Dingen bekommt sie nicht den Dreh sich einzugestehen, dass sie krank ist. Und funktioniert weiter.
Ich frag mich wieviel Kontaktangebot ist tragbar und ab wann ist es zuviel? Ist es in einer depressiven Phase unmöglich zu sagen:" ich brauche jetzt Zeit für mich, ich möchte jetzt nicht, dass du mir im Moment schreibst, melde dich dann und dann." Also Absprachen zu treffen?

Oder hat ein Depressiver dann die Angst, dass dieser Kontakt für immer weg ist? Meistens weiß sie es selber nicht, was ihr gut und was ihr schlecht tut.
Ich weiß ja auch, dass sie immer denkt, sie sei eine Belastung für mich. Sie hat es ja lange Zeit angenommen und sich mir viel mitgeteilt. Sicherlich ist es auch so, dass jetzt die Kraft nicht mehr da ist, besonders, weil sie in ihrem beruflichen Leben unbedingt weiter funktionieren will. Ich frag mich, wie lange das noch geht?

Wahrscheinlich werde ich sowieso keine Antwort finden, denn es ist bestimmt individuell verschieden.

Ganz liebe grüße an alle von euch
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Freudestrahlend

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Re: Rückzug
« Antwort #1 am: 17 September 2013, 17:22:26 »

Hallo 10720,
es ist wirklich bemerkenswert, wie sehr du versuchst, dich in deine Bekannte einzufühlen. Das berührt mich.
Meine persönliche Meinung ist (und du schreibst ja selber, dass es individuell wahrscheinlich verschieden ist): Teile ihr mit, wie es dir geht und wie du sie und die Situation wahrnimmst. Sage ihr, dass du dir Sorgen machst. Kurz und knapp, mache weiterhin Kontaktangebote und traue dich auch, zu fragen, ob es ihr zu viel ist. Mir selber hat es immer Mut gemacht, wenn jemand so verlässlich da war, auch wenn ich gerade so GAR nichts geben konnte. Deshalb würde ich mir so etwas wünschen.

Was ihren Erkenntnisprozess angeht, da kannst du wahrscheinlich nicht viel ausrichten, außer halt zu äußern, was du wahrnimmst.
Ich wünsche dir, dass du dir sicher sein kannst, dein Bestes zu tun. Auch wenn es nicht funktionieren sollte.

Gruß, Freude
Gespeichert
Most people do not listen with the intent to understand, they listen with the intent to reply.

Epines

  • Gast
Re: Rückzug
« Antwort #2 am: 17 September 2013, 18:40:48 »

Hallo  :-)

In meiner letzten schweren Krise, haben mich zwei Menschen immer wieder "genervt", indem sie mich einfach nicht in Ruhe ließen. Ständig haben sie mich angerufen, mir geschrieben und wollten mich sehen. Es war sehr mühsam und anstrengend für mich, denn wirklich zeigen wie schlecht es mir ging, wollte ich natürlich auch nicht, aber sie haben es wohl gefühlt.

Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich nur dadurch nicht total gefallen bin, sondern ins Leben zurück gefunden habe und zwar schneller als in den Krisen zuvor.

In all den Jahren ist eines der schönsten Geschenke, dass ich einige wenige Freunde habe, die einfach da sind, auch wenn ich mich manchmal ewig nicht melde. Sie sind deshalb nie sauer, weil sie wissen, dass ich dies  brauche, oder einfach wenig Zeit für soziale Kontakte habe.
Diese Leute sind nicht ausschließlich auf mich fixiert, sondern haben selber auch ein gutes Umfeld. Wenn jemand nur auf mich fixiert wäre, würde mich dies extrem stressen.

**Oder hat ein Depressiver dann die Angst, dass dieser Kontakt für immer weg ist?**

Wenn du dich hier so durch die Beiträge liest, wirst du feststellen, dass viele klagen, dass sich alle Freunde und Bekannte zurück ziehen.
Leider ist dies häufig der Fall, aber nicht weil Desinteresse von Seiten der Bekannten besteht, sondern weil diese oft nicht wissen, wie man mit der zunehmenden Distanz, der Gefühllosigkeit, der Leere und dem Rückzug umgehen soll. Manche bewerten genau diesen Rückzug einer depressiven Person als Desinteresse ihrerseits. Darum ist Kommunikation, wie Freude schon erwähnte sehr wichtig.

Von daher mach einfach weiter wie bisher, sie sagte ja das du Gold wert bist und dies darfst du ruhig glauben! Es ist auch nicht so schlimm, wenn du  nur von dir berichtest, denn so kann sie immerhin weiter an deinem Leben teilnehmen.

So einen Freund, oder eine Freundin wie dich, wünsche ich jedem Menschen!

Alles Liebe
Epines

Gespeichert

10720

  • Gast
Re: Rückzug
« Antwort #3 am: 18 September 2013, 22:58:06 »

Vielen lieben Dank für eure Antworten. Freut mich sehr über die Rückmeldungen.



In meiner letzten schweren Krise, haben mich zwei Menschen immer wieder "genervt", indem sie mich einfach nicht in Ruhe ließen. Ständig haben sie mich angerufen, mir geschrieben und wollten mich sehen. Es war sehr mühsam und anstrengend für mich, denn wirklich zeigen wie schlecht es mir ging, wollte ich natürlich auch nicht, aber sie haben es wohl gefühlt.

 Kann man es dann nicht äußern, dass es einen stört? Ich meine, wenn ich nachfrage, ob es okay ist und es kommt nichts zurück? Oder ist einfach so wenig Kraft da überhaupt zu reagieren? Es kommt mir manchmal so vor als wenn die ganze Energie, wenn überhaupt welche da ist, darin verwendet wird, den Job weiter vernünftig zu machen. Und da die Depression an sich ja schon anstrengend ist, was soll dann noch übrig bleiben?



ZITAT :"So einen Freund, oder eine Freundin wie dich, wünsche ich jedem Menschen!"

 leider kommen dann ab und zu so Sätze wie "was willst du denn mit mir? Ich kann dir doch überhaupt nichts zurückgeben." Und auf einmal ein Riesenmisstrauen zu glauben, womit gerade sie denn wohl so ne Freundin verdient hat.- Und ich antworte:"Ein Freund ist nicht immer nur dann da, wenn es grad gut geht, sondern gerade dann wichtig, wenn es nicht so ist."


Sage ihr, dass du dir Sorgen machst.


Sage ich schon ab und zu. Dann kommt wieder das Gefühl bei ihr, sie belaste mich. Sie wünschst sich, dass wir was schönes zusammen erleben könnten, weil das im Moment von ihrer Seite nicht geht, sehen wir uns eher selten.

Wie ist es mit persönlicher Kontaktaufnahme? Unverabredet? Manchmal tut einfach nur in den Arm nehmen ja auch gut. Und man muss nicht mal großartig was sagen. Aber unangemeldet? das stellt bestimmt den totalen Stress dar. Nach ihrer Art fühlt sie sich dann evtl. gezwungen mich nicht nach Hause schicken zu können - ich hab ja schließlich den weiten Weg gemacht. Für mich wär es allerdings nicht so schlimm, wenn ich wieder gehen müsste, wenn es nicht geht, geht es nicht.

Alles liebe

Ich weiß nicht, ob das mit dem Zitieren so klappt , wie ich es mir vorgestellt habe.
Gespeichert
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