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Autor Thema: Es ist (nicht) ok...  (Gelesen 1093 mal)

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Kecina

  • Gast
Es ist (nicht) ok...
« am: 10 März 2014, 12:32:10 »

2006- Die Diagnose Blasenkrebs. (Weiß nicht mehr, ob es ein Sarkom oder Karzinom oder anderes war. Nur diese letzten 2 Stellen des Codes sind mir noch sehr präsent: P4.) Die Blase wurde entfernt, Chemo... Ein"paar" Einschränkungen, mit denen DU dich arrangieren musstest. Du hast dich wieder aufgerappelt. Dafür hast du immer mehr vergessen...

2011- der Krebs ist zurück. Mit aller Macht- so zerstörend, so vernichtend. Überall. Du sagtest, dass du- selbst, wenn die Möglichkeit bestünde- eine weitere OP u Chemo verweigerst. Du wusstest genau, was das zur Folge hat. In einem Gespräch unter 4 Augen sagte ich dir das, aber ich hab dich auch wissen lassen, dass ich es akzeptieren werde. Deine Antwort: "Aber, aber, meine kleine Große! Das wirst du tun müssen. Es wird dir nix anderes übrig bleiben! Und sterben muss ich doch sowieso irgendwann. Dann halt eben lieber etwas eher als diese ganze Tortour nochmal über mich ergehen lassen zu müssen!"
Ganz ruhig, so seelenruhig hast du in deinem Sessel gesessen u hast versucht, mich mit deinen Worten zu beruhigen. Eine Zeitlang ist dir das auch geglückt. Deine Vergesslichkeit nahm zu...

Herbst 2013- Schlag auf Schlag geht es jetzt abwärts, so gut es eben ging, hast du dich zusammen "gerissen". Kein Hunger mehr, kaum noch Kraft, zur Toilette zu gehen- manchmal wusstest du nicht einmal mehr, wo die überhaupt ist. Immer mehr Menschen aus der Familie werden dir fremd. Mein Sohn, meine Cousinen/ Cousins... Das tat weh,so sehr, dass ich immer seltener bei euch "vorbei geschaut" habe.  Und trotzdem- MICH hast du immer erkannt, ohne mich anzusehen wusstest du, dass ich vor dir stehe. Und die anderen standen fassungslos u teils auch neidisch daneben...

25. Dezember 2013- ich frage dich, ob du Schmerzen hast. Ganz leise flüsterst du mir ins Ohr "Wenn du da bist, u wenn ich in Gedanken bei dir bin, hab ich nie Schmerzen. Also bin ich in Gedanken so oft bei dir." So dünn, so blass, deine Haut wirkte wie Pergamentpapier. Dein Streicheln meiner Hand- so zart wie ein Wimpernschlag, ein Schmetterlingskuss.

10. Januar 2014, kurz nach 18 Uhr- mein Sohn (9 Jahre)  fragt mich unter mühsam verkniffenen Tränen, ob er seinem Opa eine SMS schicken darf, er möge dir doch bitte das folgende sagen: "Ich hab dich lieb bis zum Weltall und wieder zurück!" Kurz danach ein warmer Wind, ganz ruhig standen wir beide draußen in der Kälte, spürten sie beide, diese Wärme, sahen uns überrascht an u dann völlig unabhängig voneinander zu den Sternen. Dann war das Gefühl wieder weg, es war wieder kalt. Es war 18.06 Uhr.

18.10 Uhr- meine Mutti steht vor mir, und erzählt mir, dass du vor 4 Minuten für immer eingeschlafen bist.

Ich wusste es. Du hast es mir noch selbst "gesagt". Danke hierfür!
Ab und zu werde ich in der Nacht wach- nicht schreckhaft... Sanft. Dann glaube ich wieder einen Schmetterlingskuss zu spüren. Manchmal erkenne ich dich in einer Wolke, die schnell vorbei zieht. Und ich sehe so lange hinterher, bis sie sich meinem Blickfeld entzieht oder sich so verändert, dass ich dich nicht mehr erkennen kann.

Und manchmal hab ich Angst, dass ich vergesse, wie du ausgesehen hast.

Du fehlst mir so unfassbar sehr. Ich hab es dir so sehr gewünscht, dass dieses Leiden endlich ein Ende hat,dass du dich ausruhen kannst. Dass du deine Ruhe hast.

Und doch: Zu wissen, dass du nicht mehr da bist, deine Stimme nicht, deine Augen, die fast immer so liebevoll in die Welt gesehen haben, nicht...

Ich hoffe, der Ort, an den ich glaube, existiert tatsächlich. Ich hoffe, dass es dir gut geht.

Ich liebe Dich, Opa! Für immer. Bis auch für mich der Vorhang fällt.
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Adrenalinpur

  • Gast
Re: Es ist (nicht) ok...
« Antwort #1 am: 11 März 2014, 23:58:37 »

Der Ort existiert. Und wenn du ihn gehen lässt und im im Herzen behältst wird er in deiner Seele fühlen dass du ihn liebst und Frieden haben.
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