Zwantje, Du schriebst, ihr würdet eine Fernbeziehung führen. Wie oft seht ihr euch denn im Durchschnitt?
Dass er sich mehr und mehr zurückzieht, muss nicht unbedingt mit seiner Depression zu tun haben – oder nur bedingt.
Ich weiß von vielen Menschen mit Depressionen, dass ihnen in zwischenmenschlichen Beziehungen eine gewisse Kontinuität sehr wichtig ist und dass ihnen diese Sicherheit und Struktur gibt. Das stelle ich mir in einer Fernbeziehung sehr schwierig vor, habe allerdings keine Erfahrungen damit. Vielleicht "reicht" es ihm nicht mehr; vielleicht wünscht er sich, dass seine Partnerin "richtig" an seiner Seite ist, ganz real, regelmäßig und ohne zeitliche Begrenzung. Wenn dann noch Depressionen dazukommen, kann das eine das andere verstärken. Es ist nur so ein Gedanke, der mir kam, als ich über meine eigene Situation nachgedacht habe. Ich führe zwar keine Fernbeziehung, kann meinen Partner aber trotzdem nicht so viel sehen, wie ich es gerne hätte und bräuchte. Ca. fünfmal die Woche für jeweils 45 bis 90 Minuten, selten länger. Schön und gut, Liebe ist auch auf beiden Seiten vorhanden (sehr stark sogar), aber es reicht mir mittlerweile nicht mehr. Gerade jetzt, wo es mir sehr schlecht geht, bräuchte ich einen Partner, der "richtig" für mich da ist, der mir zuhört, mir Trost spendet, mich in den Arm nimmt und einfach bei mir ist – aber eben nicht auf eine Stunde am Tag begrenzt. Das ist mir zu wenig und deprimiert mich zusätzlich. Ich verhalte mich ihm gegenüber distanzierter, als ich eigentlich will, aber kann nicht anders. Und trotz meines Wunsches, ihn "richtig" bei mir zu haben, will ich im Moment viel alleine sein, brauche viel Zeit für mich und sehne mich nach Ruhe. Die Depression ist aber nicht der Hauptgrund, sondern ein Grund, der sich daraus ergibt, dass mir das, was wir haben, nicht (mehr) reicht. Verstehst Du, wie ich das meine? Die Depression kann (auch bei Deinem Freund) zwar ein Grund für Rückzug sein, genauso kann dieser aber auch die Konsequenz aus mangelnder Zufriedenheit in / mit der Beziehung oder eines Wunsches sein, der größer ist, als das, was in der Realität möglich ist.
Vielleicht ist das auch nochmal eine Überlegung wert.
Ich möchte Dir ans Herz legen, offen mit ihm darüber zu sprechen, was Dich bewegt. Kommunikation ist meiner Meinung nach das A und O in einer Beziehung. Das, was Dich beschäftigt ist aber nichts, was man per SMS, WhatsApp oder E-Mail besprechen sollte, sondern von Angesicht zu Angesicht.
Liebe Grüße
Ina