Schuld und Sühne...
Ist mir ja weiter oben schon für schöne Worte gedankt worden, kann ich zum Ausgleich ein paar unschöne hinzufügen.
Also, meine Schuld ist mir bewusst. Mein Kerbholz ziemlich lang. So gesehen könnte ich jedes Leid als Strafe betrachten. Tu ich aber nicht. Nicht mehr, hab es viel zu lange gemacht. Weil es müsig ist und ergebnislos.
Ganz im Gegenteil. Umkehrschluss: Ich könnte ungefähr dreihundert Jahre alt werden, um das Plus an Leid und widerfahrenem Unrecht auf meinem Konto durch Schuld auszugleichen, und würde immer noch was gut haben.
"Der uns gemacht hat, hat sich was dabei gedacht."
Sagen wir mal, Gott existiert, also der allmächtige allwissende Schöpfer ist Realität. Dann begegne ich ihm nicht als Bückling und Jasager, wozu auch, sondern als aufgeklärtes emanzipiertes Gegenüber.
Das heißt, wenn ich mit etwas nicht einverstanden bin, was mir an Leid widerfährt, dann bin ich es nicht und dann soll er das ruhig wissen.
Vielleicht irgendwann in ferner Zukunft kann ich sagen: Jetzt versteh ich Dich.
Aber im Moment des Schmerzes hilft mir das nicht die Bohne, und es ist mir dann offengestanden auch völlig egal, ob und was er sich dabei gedacht hat.
Ich will es auch nicht verstehen können, weil ich es grundsätzlich nicht akzeptiere.
Aus der Sicht des herkömmlichen Gottesbegriffes mag man das Hadern nennen oder mit Gott rechten. Aber das Herkömmliche hat mich noch nie besonders interessiert.
Und damit bin ich bei Wut und Zorn.
Also wenn ich wirklich zornig bin, halte ich mich weder mit Mitmenschen noch mit Umständen noch mit mir selbst auf. Da zitiere ich Gott vor meinen Schreibtischstuhl.
Und er soll mir dann bloß nicht kommen mit: "Eines Tages wirst du das verstehen" oder "wer bist du, Menschenwurm?" oder gar mit "nur das Beste für dich".
Das weiß ich alles selber, jedenfalls theoretisch, aber wenn ich zornig bin, kann ich das beim besten Willen nicht berücksichtigen.
Da muss er mich dann schon so nehmen wie ich bin und wie er mich gemacht hat. So hat er sich das offenbar gedacht, dass ihm da ein Menschlein die trotzige und zornige Stirn bietet. Sonst wär´s ja wohl anders, oder besser ich ein anderer.
Wenn ich also der Meinung bin, das dies oder das gemein ist und grausam, dann muss er sich das schon anhören und gefallen lassen. Meine Entscheidungsfreiheit, etwas zu akzeptieren oder entschieden von mir zu weisen, hab ich ja schließlich auch von ihm. Und wenn sich die mal gegen ihn richtet, nun dann tut sie das eben.
Eigentlich wünsche ich es Niemandem, so weit zu kommen.
Aber irgendwann ist auch die Leidensfähigkeit und Geduld des Stärksten erschöpft. Und dann sind Demut oder Gottesfurcht einfach nicht mehr gefragt- und auch nicht mehr hilfreich. Dann wird aufgerechnet, und nicht mehr hingenommen hingenommen hingenommen.
Das Leben oder Gott oder die Alleinheit oder höhere Macht und Weisheit oder absolute Liebe oder nennt es wie ihr es nennen möchtet, müsste es doch eigentlich am Besten wissen, wieviel er einem Menschen zumuten, anvertrauen, wegnehmen, zerstören, aus dem Herzen reißen, zertreten, antun kann, bis dieser sagt:
"Nicht mehr mit mir! Es ist genug! Von jetzt an wirst du ein ernstzunehmendes Gegenüber vor dir haben und keinen hörigen Vasallen mehr, das könnte dir so passen, diese Zeiten sind ein für allemal vorbei!"
War ja bei Hiob auch nicht anders.
Darum hab ich auch kein schlechtes Gewissen, wenn ich zornig bin. Dann bin ich zornig und basta!
Und Leute, ich sag euch was: Das befreit ungemein!