Ich hatte bis zum letzten Oktober eine Trainerin, die eine unerklärliche Anziehungskraft auf mich ausübte. Ich wollte gerne Kontakt über unsere geschäftliche Beziehung hinaus, den sie immer mal zuließ, sich dann aber wieder total zurückzog (wie sie mal sagte: weil ich ihre Grenze überschritt). Das hat mich immer wieder sehr enttäuscht und extrem traurig gemacht. Unser reales Verhältnis schien dabei in überhaupt keinem angemessenen Verhältnis zu meinen Gefühlen zu ihr zu stehen.
Irgendwie ahnte ich ziemlich schnell, dass es mit der Person gar nicht so viel zu tun hatte, sondern dass dort eine „alte Geschichte“ zum Vorschein kam. Ich habe unzählige Dinge (siehe unten) versucht, um dahinterzukommen, was diese Gefühle auslöste und damit umzugehen. Die Situation eskalierte das erste Mal 2010, als ich einen regelrechten Zusammenbruch erlitt, weil sie das Training mit mir unterbrach. Ich fühlte mich so abgrundtief verlassen, dass es schon etwas Lebensbedrohliches hatte. Als könnte ich ohne das Training/ohne diese Frau nicht leben!!! Das hat mich schier zur Verzweiflung getrieben, weil mir das so unangemessen vorkam!
Meine Freunde verdrehten schon die Augen, wenn ich wieder damit anfing und sagten so Sachen wie: „Lass sie doch einfach. Was willst du denn von der? Das hat doch keinen Zweck.“ Oft kam auch die Diagnose: „Du bist in sie verknallt.“ Statt Empathie und Unterstützung bekam ich also nur Unverständnis, denn für mich fühlte sich das überhaupt nicht wie Verliebtsein an, sondern vielmehr wie Besessenheit, Hilflosigkeit und Sucht. (Wir haben übrigens das Training später wieder aufgenommen, hatten immer wieder Konflikte und Kollisionen, bis wir unseren Kontakt letzten Oktober nach einer sehr verletzenden Auseinandersetzung endgültig abbrachen.)
Meine Versuche, das Problem zu lösen:
• mehrere Gespräche und einige E-Mail-Diskussionen mit ihr geführt
• zweimal in meiner Übungsgruppe für gewaltfreie Kommunikation Bedürfnisse, Gefühle und Bitten geklärt
• 18 Traumatherapiesitzungen
• 2 Jahre Homöopathiesitzungen zum Thema
• eine Familienaufstellung zu dem Thema
• eine Nachbesprechung der Familienaufstellung (9 Monate später)
• vierstündige Coachingsitzung: einen Ressourcenzustand erarbeitet, um an Erinnerungsorten nicht immer in Tränen auszubrechen
• 14 I-Gings geworfen (Fragen: Was will ich von ihr? Bin ich in sie verliebt? Wie kann ich mich verhalten? etc.)
• 8 Tarots gelegt (Wie schaffe ich es, die Verbindung zu durchtrennen? Worauf muss ich besonders achten, wenn ich wieder bei ihr trainiere?)
• ein 40-seitiges „Selbstgespräch“ dazu geführt
• drei Vergebungsbriefe geschrieben und mir diese selber beantwortet
• mehrere Trauer- und Abschiedsrituale veranstaltet, das Letzte mit 40 Zeugen
• eine E-Mail-Adresse mit ihrem Namen eingerichtet und alles dorthin geschickt, was ich loswerden musste
• jede Postkarte, jeden Brief und jede E-Mail von ihr immer wieder gelesen
• unzählige Gespräche mit meinen FreundInnen
Ein Erklärungsversuch (vielen Dank an J.B., meinen Familienaufsteller!):
Ich habe durch das Training von meiner Trainerin etwas bekommen, was ich dringend gebraucht habe und was mir extrem gut getan hat. Diese Bedürfnisse (Ermutigung, Anerkennung, Lob, Unterstützung), die dort erfüllt wurden, stammen aus meiner frühesten Kindheit und die Personen, die damals für die Erfüllung zuständig waren, sind meine Eltern. Als nun diese alten Bedürfnisse endlich befriedigt wurden, habe ich automatisch weitere daran gekoppelt, die normalerweise ein Eltern-Kind-Ding sind. (Ich wollte als Mensch bedingungslos angenommen werden.) Das wurde noch dadurch verstärkt, weil sich meine Trainerin (wie damals meine Eltern) geweigert hat, dieses Bedürfnis anzuerkennen oder zu befriedigen. In ihrem Fall war das natürlich berechtigt, denn auch wenn ich mich oft ihr gegenüber wie ein 4-jähriges Kind benommen habe, war ich ja doch eine erwachsene Kundin von ihr.
Diesen Zusammenhang habe ich zwar relativ schnell geahnt, aber er war für mich nicht richtig fassbar. Und ich konnte nicht begreifen, warum der Verstand auf die Gefühle keinen Einfluss zu haben schien. Ich wusste, ich projiziere etwas auf sie, was dort nichts zu suchen hat, aber mein Bedürfnis blieb. Am Schlimmsten war, dass ich mich dafür selber verurteilt und verachtet habe: „Warum benehme ich mich immer wieder so bekloppt? Das ist doch krank, dass ich so an ihr hänge.“ „Warum lasse ich mich immer wieder auf sie ein?“ oder „Warum denke ich noch nach so langer Zeit immer wieder/noch an sie?“
Alles, was ich oben aufgezählt habe, hat mir Schritt für Schritt geholfen. Irgendwann konnte ich die Realität akzeptieren und die Gefühle und Bedürfnisse annehmen. Sie waren da und ich konnte sie durch meinen Verstand nicht vertreiben. Also habe ich mich um deren Erfüllung bemüht. Am Wichtigsten dabei war, meinem Kopf Klarheit zu verschaffen und meinem Körper die Möglichkeit gegeben, die Mutter von der Trainerin zu trennen. Besonders durch die Traumatherapie habe ich „am eigenen Leib“ erfahren, dass ich diese Verbindung über den Körper, nicht über den Kopf, lösen konnte.
Heute (seit dem 17. Juli, also nach gut dreieinhalb Jahren) würde ich sagen: Jetzt bin ich endlich damit durch. Auch wenn es die schlimmste Depression meines Lebens war, die ich gerade hinter mir habe: Auf dem Weg habe ich so viel gelernt und mich so stark zum Positiven verändert, dass ich dafür dankbar bin. (Danke noch mal an alle, die mir hier http://www.nur-ruhe.de/smf/index.php?topic=6633.0 geantwortet haben.)
Vielleicht ist meine Erfahrung für die ein oder andere Person erhellend und hilfreich. Ich habe in anderen Threads z.B. immer wieder selbstverachtende Gedanken im Zusammenhang mit Nichtloslassenkönnen gelesen und möchte deshalb mit euch teilen, was mir geholfen hat.