Hallo Robert
warum willst Du das Forum verlassen? Weil Du Vertrauen für ein Risiko hältst?
Das tue ich auch.
Ich bin tatsächlich ohne Urvertrauen aufgewachsen und sowas nachträglich zu entwickeln... ich habe Zweifel, ob das überhaupt möglich ist.
Also meine Therapeutin war so "Jaaaaaaaaa Vertrauen ist toll! Müssen Sie wollen" aber ich konnte nicht nachvollziehen, was daran verlockend sein sollte.
Ich WOLLTE es nicht und selbstverständlich lernte ich es nicht, weil ich es nicht haben wollte.
Gab einige sinnlose Diskussionen auf dem Niveau von:
"Sie müssen positiv denken"
"Warum sollte ich so naiv sein?" "
Aber wäre es nicht schön voll Vertrauen zu sein?"
"Glaub nicht?"
"Oh"
Nach einigem Gewurschtel und Ratlosigkeit habe ich mich dazu entschlossen, zu versuchen die Dinge realistisch zu sehen.
Wenn ich realistisch gesehen mit Ärger rechne, dann stelle ich mich darauf ein.
Realistisch gesehen, ist in vielen Fällen aber auch ziemlich wahrscheinlich, dass etwas schlimmes nicht eintritt. Sollte man also ohne anderweitige Indizien von ausgehen. (Dass man verrückt wird, wenn man alle 5Sekunden kontrolliert, ob der Herd aus ist, weil man sich bei den letzten Kontrollen ja theoretisch geirrt haben könnte, ist klar.)
Es ist daher unerlässlich von irgendetwas auszugehen. Eine "Arbeitshypothese" sozusagen.
Und so finde ich zB., dass es Menschen GIBT, bei denen Erfahrung und das was ich über deren Charakter weiß sinnvoll erscheinen lassen, dass die mich nicht absichtlich (!) übern Tisch ziehen. Es ist denkbar, aber nicht realistisch.
ZB. Halte ich durchaus für im Rahmen des möglichen, dass mein Mann morgen eine 10 Jahre jüngere Frau trifft, sich Hals über Kopf in sie verliebt und mit ihr ein neues Leben beginnen möchte.
Wie Du richtig sagst: Solche Dinge passieren, thats Life. Muss man mit rechnen.
Was ich NICHT für möglich halte, ist, dass er mir davon nichts sagt, sondern monatelang ein Doppelleben führt.
Warum?
Na, ich kenne ihn. Er ist das was man "ehrliche Haut" nennt. Er hat weder die Veranlagung noch die Fähigkeiten andere zu hintergehen. Schon gar nicht die Frau, mit der er die Wohnung teilt.
Und so kann ich vollkommen ohne Urvertrauen davon ausgehen, dass es da aktuell keine solche Tussi gibt - weil er nämlich nichts gesagt hat.
usw.
Und so lief ich herum und war sicher NULL Vertrauen zu haben. Aber ohne auszukommen.
Eigentlich wäre die Geschichte hier zu Ende...
Dann passierte etwas lustiges:
Ich habe mich vor einiger Zeit mit einer Bekannten unterhalten. Ich weiß gar nicht mehr worum es ging, jedenfalls war ich so "Wird schon klappen" und sie war so "ich hab einfach nicht so ein Vertrauen wie Du" und ich so "WTF???"
Bei näherer Betrachtung fiel mir auf, dass ich absolut KEIN bisschen mehr davon ausging, dass die Welt ein netter Ort, die Menschen auf meiner Seite das Schicksal mir wohlgesonnen waren als früher.
Null. Never, Ich-bin-donnich-blöd
WAS besser geworden war, war das Gefühl, dass ich - was immer kommt - und irgendwas KOMMT immer, davon bin ich überzeugt - das schon irgendwie schaffen werde.
Ich habe schon so viel Mist erlebt. Ich rechne und plane so vorsichtig und ohne Vertrauen... Die Dinge, DIE ich mag, die nimmt mir so schnell keiner, die Menschen, DIE bis hierher mit mir gegangen sind, die gehen nicht morgen aus einer Laune heraus, und mir etwas von der Handvoll Rechte und Dinge, wegnehmen zu wollen, die mir w-i-r-k-l-i-c-h wichtig sind, ist ein harter Knochenjob, denn ich habe gelernt, dass ich im Notfall für meine Rechte auf die harte Tour eintreten würde - weil als Fußabtreter zu leben wirklich nicht erstrebenswert ist. 😡
Das bedeutete zusammen gefasst, dass es realistisch gesehen ziemlich wahrscheinlich war, dass mich in nächster Zeit nicht zig Sachen aus der Bahn werfen würden, weil ich schwere Krankheit, Tod nächster Angehöriger, Persönlichkeitsstörungen, Mobbing... alles schon erlebt habe. Es hat mir nicht gefallen, aber ich weiß wie das geht. Ich weiß, dass ich mit wenig Geld auskommen kann (der einzige Luxus an dem ich w-i-r-k-l-i-c-h hänge ist eine vernünftige Krankenversicherung. ). Und ich glaube, dass es deshalb langsam wirklich schwer wird mich aus der Bahn zu werfen. Weil ich nämlich langsam aber sicher echt krisenfest bin.
Kurz gesagt: ich habe mir hier mit Blut-Schweiß-und-Tränen eine winzige Nische eingerichtet, in der ich mich halbwegs sicher fühle und die man mir nur VERDAMMT schwer wegnehmen kann.
Meine Bekannte sagt zu diesem "Glaub, dass mir das so leicht nichts und niemand nehmen kann" Gefühl "Vertrauen".
Ich weiß nicht, wie das heißt. Ob es unterschiedliche Formen von Vertrauen gibt? (Vernunftbasiert und Gefühlsbasiert?) Ich habe keine Ahnung, es ist ja letztlich auch egal.
Jetzt hab ich hier lang und breit von mir erzählt, dabei wollte ich eigentlich "Ach, komm Robert, bleib da" schreiben. 🤔
Aber Du hast Mal geschrieben, dass Du gern liest was ich denke, da dachte ich, ich erzähle es Dir. 😃
Was ich SAGEN wollte, ist , dass unterschiedliche Meinungen doch der Grund sind in einem Forum zu schreiben. Meine eigene Meinung kenne ich doch schon? Und ein Dialog in dem einer vorträgt und der andere "Du hast ja soooo Recht" säuselt ist auf Dauer doch etwas einseitig...
Du sagst Du machst das NOCH anders mit dem Vertrauen bzw. nicht- Vertrauen? Interessant. Erzähl doch Mal, deshalb sind wir doch hier. Absolut gar kein Grund sich wegen unterschiedlicher Sichtweisen schlecht zu fühlen oder gar zurück zu ziehen...
Liebe Grüße
Ponyhof