Manche von Euch haben mittlerweile vielleicht schon gemerkt, dass ich Märchen mag. Der folgende Text ist zwar nicht von mir, aber ich fand ihn trotzdem gut.
Schneewittchen – aus der Sicht Sigmund Freuds
Es war einmal eine Königstochter. Sie liebte ihren Vater sehr, denn sie hatte einen verdrängten Elektra-Komplex. Weil sie so schön war, befiel ihre mit einer starken sadistischen Triebkomponente versehene Stiefmutter der Sexualneid und sie befahl einem Jäger, Schneewittchen in den Wald und damit einem letalen Ausgang zuzuführen.
Hier beging die Königin aber eine Fehlleistung, denn der Jäger war ein Fetischist und erstach statt des Mädchens nur ein Reh, indem er das Herz des Rehs als Symbol oder Fetisch für das Herz des Kindes nahm. Schneewittchen aber kam zu den sieben Zwergen und legte sich der Reihe nach in ihre Betten.
Der Symbolgehalt dieses Vorgangs braucht wohl nicht näher erläutert zu werden. Als die heimkehrenden Zwerge das schlafende Mädchen vorfanden, wurde ihre Libido stark gereizt, doch hatte jeder der Zwerge wegen seiner Kleinheit einen Minderwertigkeitskomplex, und daher wagten sie Schneewittchen nur zum Aufräumen und Geschirrabwaschen zu benützen.
Im weiteren Verlauf der Handlung spürt die böse Königin Schneewittchen auf und vergiftet das Kind mit einem Apfel. Wir werden in der Annahme nicht fehlgehen, wenn wir sagen, daß dieser Apfel der Apfel der Erkenntnis ist. Durch den Schock dieser plötzlichen Aufklärung fällt das Mädchen in schwere hysterische Zustände, zuletzt in eine totenähnliche cerebrale Lähmung.
Nun kommt die exhibitionistische Triebkomponente der Zwerge zum Durchbruch, denn sie stellen das tot scheinende Schneewittchen in einem gläsernen Sarg zur Schau. Schließlich kommt ein necrophiler Prinz des Weges und küßt Schneewittchen, weil er es für eine Leiche hält. Durch diesen Kuß erfolgt aber im buchstäblichen Sinn die Erweckung des Mädchens, die beiden werden Mann und Frau, und wenn sie nicht gestorben sind, haben sie noch heute Komplexe.